Regierungserklärung »Gemeinsam für Sachsen«
Ministerpräsident Michael Kretschmer gab am 29. Januar 2020 im Sächsischen Landtag eine Regierungserklärung mit dem Thema »Gemeinsam für Sachsen« ab.
In der Regierungserklärung ruft Ministerpräsident Michael Kretschmer dazu auf, den Freistaat weiter mit Mut, Ideen und Selbstbewusstsein zu gestalten.
»Gemeinsam für Sachsen«
Regierungserklärung von Ministerpräsident Michael Kretschmer
Herr Landtagspräsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit den Wahlen zum 7. Sächsischen Landtag am 1. September des vergangenen Jahres haben die Sächsinnen und Sachsen die Voraussetzung für eine stabile Regierung mit einer breiten demokratischen Mehrheit hier im Parlament geschaffen.
ln den drei Monaten der Koalitionsverhandlungen ist ein Programm entstanden, was die Zukunft dieses Landes beschreibt, was Herausforderungen benennt und was den klaren Willen erkennen lässt, gemeinsam Verantwortung für unseren Freistaat zu übernehmen. Aus den ersten Verhandlungsrunden, die von Zurückhaltung, vielleicht auch einer gewissen Verkrampftheit geprägt waren, ist zunehmend ein fröhliches Lächeln, eine freundschaftliche Atmosphäre entstanden. Es ist Vertrauen und ein gemeinsamer Plan für die Zukunft gewachsen. Das ist keine Selbstverständlichkeit. Das hat vorausgesetzt, dass man sich aufeinander zubewegt, dass man die Interessen des Landes vor die Interessen der Partei oder einer einzelnen Person setzt. Das ist ein gutes Signal und zeigt einmal mehr, dass dieses Land demokratisch breit aufgestellt ist. Das ist 30 Jahre nach der Deutschen Einheit ein guter Befund.
Gemeinsam für Sachsen - Erreichtes bewahren, Neues ermöglichen, Menschen verbinden. Vertrauen ist das A und O in dieser Koalition und auch in der Zusammenarbeit mit den Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern, mit den vielen Menschen in der Zivilgesellschaft, die sich für unseren Freistaat engagieren. Was wir zusagen gilt und wird umgesetzt. Das haben wir uns miteinander vorgenommen.
Sachsen ist ein Freistaat mit beeindruckender Naturlandschaft, mit großem kulturellem Reichtum, mit einer großen industriellen und wissenschaftlichen Basis. Wir haben alle Voraussetzungen, um auch in den nächsten Jahrzehnten dieses Land positiv zu entwickeln, es stark zu machen, es zu einer guten Heimat für die Menschen zu machen, die hier leben.
Verantwortung übernehmen bedeutet aber vor allen Dingen, eine vorausschauende Politik zu betreiben, nicht allein im Jetzt und Hier zu verweilen, sondern sich genau zu überlegen, wie sich dieses Land, Europa, Deutschland, die Welt in den kommenden Jahrzehnten verändern wird und darauf bereits heute die richtigen Antworten zu finden. Das gilt im Verhältnis von Stadt und Land. Natürlich muss es weiterhin so sein, dass wir das Wachstum der großen Metropolen mit dem sozialen Wohnungsbau und dem Ausbau des öffentlichen Personennahverkehrs unterstützen. Wir haben ein Bekenntnis abgegeben für die Zukunft im ländlichen Raum mit einem neuen Ministerium für Regionalentwicklung, weil wir sehen, dass gerade in den ländlichen Räumen diskutiert wird: Finden wir noch statt? Sind wir noch wichtig? Sind wir noch im Mittelpunkt der Politik? Wir sagen Ja: Jede Region dieses Freistaats ist lebenswert, hat eine Zukunft. Wir investieren in alle ländlichen Regionen, weil wir wollen, dass die Menschen, die dort leben, eine gute Zukunft haben, meine Damen und Herren.
Gleiches gilt für den Bereich Verkehr, ein spannendes Thema. Für uns ist klar: Vom Radverkehr über die Schiene bis zur Straße wollen wir einen gleichberechtigten Ausbau, wir wollen keine Diskriminierung. Wir sehen die Defizite und Herausforderungen, gerade auch bei der Schiene und dem Radverkehr. Sie sollen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten behoben werden, aber nicht zulasten eines anderen, sondern zusätzlich. Wir wollen die Freiheit in diesem Land, die wir 1989 gemeinsam errungen haben, verteidigen und ausbauen. Das ist der gemeinsame Ansatz dieser Regierung. Wir haben in den vergangenen Monaten eine Prioritätenliste erarbeitet, die im Bereich des Verkehrs, beim Breitbandausbau, bei der medizinischen Versorgung, den Schulen den Kindergärten und der Wissenschaft ganz klar zeigt: Nicht morgen, nicht übermorgen, sondern jetzt wird an die Arbeit gegangen. Jetzt werden die ersten Entscheidungen getroffen, damit wir schnell in die Umsetzung kommen.
Verantwortliches Handeln für den Freistaat Sachsen bedeutet aber auch, über den Tellerrand unseres eigenen Landes hinaus zu schauen und zu sehen, was in der Welt passiert. Die zunehmende internationale Verflechtung, die Globalisierung, das Aufstreben anderer Weltregionen hat auch Rückwirkung auf uns hier im Freistaat Sachsen. Deswegen müssen wir uns in anderen Regionen der Welt engagieren, in den Ländern, die unsere natürlichen Partner sind, aber auch in denen, die unsere Hilfe in ganz besonderer Weise brauchen.
Ich finde es richtig, dass dieser Sächsische Landtag, dass die Koalitionsfraktionen ein klares Bekenntnis dafür abgegeben haben, dass auch wir als Freistaat Sachsen unseren Beitrag für die Entwicklungshilfe in Afrika leisten und neue Lebensperspektiven aufbauen wollen. Das ist genau der richtige Antritt, meine Damen und Herren, und den wollen wir auch verfolgen.
Verantwortung tragen heißt aber auch, in Bereichen, wie dem medizinischen Fortschritt nicht nur Empfänger zu sein, sondern sich selbst zu engagieren. 30 Jahre, nachdem wir ein neues Wissenschaftssystem auf dem aufgebaut haben, was hier an Exzellenz vorhanden war - teilweise auch mit völlig neuen Dingen -, sind wir in der Lage, dass von uns aus Sachsen für die Behandlung solcher furchtbarer Krankheiten wie Aids ein wichtiger Beitrag geleistet wird, dass sich hier ein großes Zentrum befindet, in dem medizinische Forschung zum Bereich Krebs und Alzheimer geleistet wird: Wer hätte das, meine Damen und Herren, vor 30 Jahren gedacht? Es ist richtig, dass wir damals die Weichen so gestellt haben, dass damals mit Mut investiert worden ist. Das ist gut für uns, die wir hier leben, aber wir leisten damit auch einen Beitrag für andere. Das muss ein starkes Land wie der Freistaat Sachsen auch tun.
Verantwortung wahrnehmen heißt, den technischen Fortschritt zu gestalten und immer auf der Höhe der Entwicklung zu sein. Dieses Land, die Bundesrepublik Deutschland, war immer das Land, das Innovationen hervorgebracht, Export betrieben und deshalb auch einen sehr hohen Wohlstand erreicht hat. Wenn sich das Verhältnis umdreht, dass wir nicht mehr die Exporteure, die Entwickler von Innovationen sind, sondern die Anwender von Entwicklungen aus anderen Ländern, werden wir unseren Wohlstand nicht halten können. Deshalb müssen wir uns in Sachsen, aber auch im Verhältnis zur Bundespolitik immer wieder einmischen, wenn es darum geht, technologische Entwicklung zu ermöglichen und den Wettbewerbsstandort Deutschland zu erhalten.
Meine Damen und Herren! Die Bundesrepublik Deutschland ist ein föderaler Staat. Bundespolitik passiert nicht allein von der Bundesregierung oder den Abgeordneten in Berlin aus. Wir stehen als Länder - Sie als Abgeordnete dieses Sächsischen Landtags, wir als Mitglieder der Staatsregierung - genauso auf dem Spielfeld und gestalten die Bundespolitik für dieses Land. Das wollen und können wir auch. Gerade vor den positiven Erfahrungen, vor den wirtschaftlichen Entwicklungen, die wir in den vergangenen drei Jahrzehnten hier gemacht haben, sollten wir uns einmischen, damit Deutschland auch in Zukunft ein wettbewerbsfähiges Land ist und von hier viele Innovationen in die Welt ausgehen.
75 Jahre Frieden in Europa, für uns hier in Sachsen. Das ist, meine Damen und Herren, nicht vom Himmel gefallen, sondern es ist das Ergebnis einer harten Arbeit. Es hat vorausgesetzt, dass Frauen und Männer immer wieder auch bei Konflikten und bei schwierigen Situationen das Verbindende, das Gemeinsame gesucht haben. Wir, der Freistaat Sachsen, stehen in dieser Tradition und in dieser Verantwortung. Wir engagieren uns für die gemeinsame europäische Idee. Wir haben in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder erlebt, wie unsere Vorschläge, unsere Ideen in Brüssel aufgegriffen worden sind, wie wir auch Europapolitik gestaltet haben. Das möchten wir auch in Zukunft so betreiben - mit unserem Büro in Brüssel und mit einem großen Engagement in unseren beiden Nachbarregionen, in der Tschechischen Republik und in Polen.
Meine Damen und Herren! Dieses Engagement in Breslau und in Prag mit wirklich hervorragenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die anerkannt sind, die einen guten Zugang in die Zivilgesellschaft, in die Politik, in die Administration dieser Länder haben, ist nicht nur davon getrieben, dass wir eine gemeinsame Vergangenheit, dass wir schwierige Situationen haben. Es lebt auch davon, dass wir daraus einen ganz unmittelbaren strategischen Nutzen haben. Wir brauchen Verbündete, und unsere Verbündeten werden eher in unserer Nachbarschaft als vielleicht in Westeuropa sein. Deshalb wird es auch in Zukunft mit Frau Staatsministerin Meier ein starkes Engagement in diesen Regionen geben. Wir wollen ein Land sein, das die Europäische Union gestaltet, und haben dafür viele Ideen.
Es ist klar: Erst muss erwirtschaftet werden, was verteilt wird. Deswegen gibt es das Bekenntnis in diesem Koalitionsvertrag, das gemeinsame Verständnis von einer Wirtschaftspolitik, die möchte, dass dieses Land ein innovatives Industrieland bleibt, dass diejenigen, die sich als Unternehmerinnen und Unternehmer engagieren, unsere Unterstützung und unsere Wertschätzung haben. Es ist vollkommen klar: Dieses Land ist durch eine Sozialpartnerschaft stark geworden, durch die gemeinsame Arbeit von Arbeitgebern und Gewerkschaften. Das soll auch hier so bleiben. Ich freue mich über jeden Tarifvertrag, der geschlossen ist, weil er zeigt, dass man ein gemeinsames Verständnis hat. Dieses gemeinsame Verständnis entsteht nur, wenn man aufeinander zugeht. Das wünscht man sich in diesem Fall auch sehr. Aber es ist eine positive Entwicklung, wenn es eine Tarifbindung gibt. Ich möchte noch einmal deutlich sagen, weil ich es in meinem eigenen Leben selbst erlebt habe: Betriebsräte sind eine unglaubliche Stütze, auch im unternehmerischen Alltag. Wenn ich höre, dass bewusst die Gründung von Betriebsräten hintertrieben wird, dass Menschen unter Druck gesetzt werden, damit sie auf solche Betriebsräte nicht hören, haben wir dazu eine klare Meinung. Die gesetzliche Basis ist vollkommen klar: Das ist ein Rechtsbruch, der geahndet wird. Wir stehen auch zu dieser Frage. Starke Betriebsräte bedeuten eine Stärkung der unternehmerischen Basis. Wir wollen das, meine Damen und Herren!
Ich habe schon gesagt, dass der Standortwettbewerb zunehmend international geworden ist. Deshalb müssen wir uns in Berlin einbringen und immer wieder auch darüber sprechen: Haben wir noch die richtige Balance von wettbewerblichen Chancen und von Belastungen der Unternehmen? Dem wird gerade in Zukunft, in der sich vieles im Bereich der Produktion, der Energiewende verändert, eine ganz besondere Bedeutung bekommen. Ich denke, dass wir uns auch da stark in die Diskussion einbringen müssen, wie auch in die Diskussion über ein eigenes Beihilferecht für Sachsen, für die Regionen, die vom Strukturwandel betroffen sind. Wir möchten diesen Strukturwandel erfolgreich gestalten. Dafür brauchen wir Standortvorteile. Diese brauchen wir von der Europäischen Union. Dafür treten wir ein. Das ist auch eine klare Erwartung an die Bundesregierung, die in den nächsten Wochen über die finanzielle Vorausschau, den Haushalt der Europäischen Union diskutiert. Dort muss vereinbart werden, dass für die Kohleregionen, die besondere Herausforderungen haben, auch besondere Instrumente mit einem eigenen Beihilferecht geschaffen werden, meine Damen und Herren.
Wirtschaftspolitik für Sachsen bedeutet vor allen Dingen, sich um Fachkräfte zu kümmern. Wir haben uns eine neue Berufsschulnetzplanung vorgenommen und sind auch schon auf dem Weg dahin. Die berufliche Welt muss gestärkt werden, das ist überhaupt keine Frage. Das ist allerdings nicht in Sonntagsreden getan, sondern es braucht ein klares Engagement. Deshalb brauchen wir: Praxisberater in allen Oberschulen, Berufsorientierung in Gymnasien und Oberschulen flächendeckend, eine Berufsschulnetzplanung, die in den Regionen Sicherheit schafft, dass die Berufsschulen so, wie die Wirtschaftsstruktur auch vorhanden ist, auch in den kommenden Jahren und Jahrzehnten erhalten bleiben. Wir brauchen ein Investitionsprogramm für diese Berufsschulen, dass sie attraktiv, dass sie auf der Höhe der Zeit sind. Das, was in der betrieblichen Welt passiert - beispielsweise in der Digitalisierung - muss sich auch in den Berufsschulen abspielen. Das ist alles auf dem Weg und das werden wir tun.
Wir müssen uns alle klar darüber sein, meine Damen und Herren, dass die demografische Entwicklung etwas ist, was man nicht kurzfristig ändern kann. Deshalb: Wenn dieses Land wachsen soll, die Unternehmen, die hier sind, größer werden sollen, neue hinzukommen sollen, brauchen wir qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland. Auch dafür wollen wir die Voraussetzungen schaffen. Wir möchten vor allen Dingen ein gesellschaftliches Klima schaffen, dass Menschen aus anderen Regionen hier willkommen sind. Dazu kann jeder seinen Beitrag leisten. Ohne Fachkräftezuwanderung aus dem Ausland werden wir nicht wachsen können. Es wäre schade für ein Land wie den Freistaat Sachsen, wenn es nicht wachsen könnte, meine Damen und Herren.
Es geht um Wertschätzung - Wertschätzung für die Frauen und Männer, die den Weg in die Selbstständigkeit gegangen sind, die kurz davor stehen, den Betrieb der Eltern oder der Großeltern zu übernehmen. Wertschätzung ist ganz konkret: Es geht um weniger Bürokratie, um weniger Kontroll- und Berichtspflichten. Auch dazu können und werden wir im Freistaat Sachsen unseren Beitrag leisten, ganz unmittelbar und natürlich auch in der Diskussion über die Bundespolitik.
Ich freue mich, dass wir gemeinsam entschieden haben, dass schon in diesem Jahr der Meisterbonus von 1.000 auf 2.000 Euro angehoben wird. Das ist auch ein konkreter Beitrag, eine konkrete Wertschätzung für die Leute aus dem Handwerk, meine Damen und Herren.
Wir investieren - wir investieren so, wie unsere Vorfahren, die dieses Land vor 30 Jahren aufgebaut haben, ganz bewusst in neue technologische Bereiche, in die künstliche Intelligenz, in die Wasserstoffwirtschaft, in die Kältetechnik in Reichenbach oder in das autonome Fahren beispielsweise in Annaberg. Wir können das, meine Damen und Herren, weil hier in den letzten drei Jahrzehnten eine wissenschaftliche Basis geschaffen worden ist, auf die wir aufsetzen können.
Es ist in 30 Jahren ein solches Ökosystem entstanden, dass heute über futureSAX und andere kluge Initiativen Existenzgründungen stattfinden, Startups mit 100, 200 Mitarbeitern gegründet werden. Diesen Weg müssen wir weitergehen. Wir müssen vorn dabei sein. Heute fällt es uns leichter als in einer Zeit der Massenarbeitslosigkeit, der kaputten Infrastruktur, der Kombinate, die in Insolvenz gegangen sind, Geld zu mobilisieren für einen Bereich, der vielleicht erst in fünf, acht oder zehn Jahren eine Rendite abwerfen wird. Wir haben heute eine andere Situation und deshalb investieren wir auch in Zukunft kraftvoll in die sächsischen Universitäten, in die Forschung, in die Wissenschaft, in die Berufsakademien. Und zwar an den Standorten, an denen sie sind, aber auch an neuen Standorten, nahe an der Unternehmenswelt. Das ist unser Heimvorteil für ein starkes Sachsen in der Zukunft, meine Damen und Herren.
Wichtig ist, dass wir ein gemeinsames Verständnis zum Thema innere Sicherheit haben und uns dazu auch noch einmal deutlich bekannt haben. Wir werden am Ende dieser Legislaturperiode 1.000 zusätzliche Polizisten im Freistaat Sachsen ausgebildet und eingestellt haben.
Wir wissen, dass eine große Bedrohung für die Sicherheit in diesem Land der Rechtsextremismus ist. Ein Blick in den Verfassungsschutzbericht zeigt ganz eindeutig: zwei Drittel der politischen Kriminalität kommen von Rechtsextremisten. Immer wieder, auch mit kleinen Provokationen, wird hier versucht, das Koordinatensystem dessen, was Anstand und Recht ist, zu verschieben. Wir stellen uns mit aller Kraft dagegen. Dieses Land ist ein anständiges Land. Rechtsextremisten haben hier kein gutes Zuhause, meine Damen und Herren. Daran sollte niemand einen Zweifel haben. Die Instrumente, die wir für diesen Kampf brauchen, haben wir uns gegeben, werden wir uns geben und werden sie auch immer weiter entwickeln.
Ein Gleiches, auch wenn es in der Ausprägung eine ganz andere Dimension hat: zwei Drittel Rechtsextremismus, ungefähr ein Drittel Linksextremismus. Dieser Bereich – das spüren wir in den letzten Wochen zumindest an einigen Orten in diesem Land – erhält einen Zuwachs. Wir müssen uns dieser Sache genauso stellen. Wenn ich zu der heutigen Verhandlung lese, die zu dieser Stunde in Leipzig läuft, was aus diesen Kreisen immer wieder gesagt wird: »‘Den autoritären Staat angreifen!‘ war das Motto der Demo vom letzten Wochenende. Wir nehmen dieses auf und handeln danach.« »Denn wer repräsentiert den autoritären Staat besser als seine Bullen? Dem steht jede revolutionäre Bewegung auf der Straße zu Recht gegenüber.« »Inhaltlich begründet die Staatsanwaltschaft das Verbot mit der Nähe zu militanten Aktionen. Genau für eine solche militante Praxis stehen wir. Wir werden auch weitere Angriffe auf uns und unsere Strukturen nicht unbeantwortet lassen. Bullen, verpisst euch aus unseren Vierteln oder stellt die Feuerlöscher bereit.«
Ich bin mir sicher, meine Damen und Herren, dass die absolute Mehrheit in diesem Freistaat Sachsen das nicht so sieht und von uns erwartet, dass wir dagegen vorgehen. Wir gehen gemeinsam dagegen vor, weil wir wollen, dass dies ein sicheres Land ist. Das, was wir erlebt haben, zu Silvester oder in der vergangenen Woche, ist keine Subkultur und steht auch nicht unter Milieuschutz. Das ist Kriminalität, die verfolgt wird. Im vergangenen Jahr haben wir in Leipzig 60 zusätzliche Polizisten eingestellt, in diesem Jahr werden es 80 sein. Wir sind sehr erfolgreich bei der Ausweitung der Schnellverfahren. Waren es im Jahr 2017 noch 13 beschleunigte Verfahren, waren es im vergangenen Jahr schon über 700 Anträge auf beschleunigte Verfahren. Die Strafe soll auf dem Fuß folgen.
Meine Damen und Herren! Ich bin gegen Schuldzuweisungen. Sie werden von mir nichts Negatives zu Dingen hören, die vielleicht in der Kommunalpolitik hätten anders passieren müssen. Für mich geht es um die Zukunft. Mir ist klar, dass gerade eine Stadt wie Leipzig, die unglaublich attraktiv und dynamisch ist, die eine unglaubliche Nähe zu Berlin hat, immer auch attraktiv für Leute sein wird, die sich nicht nach unserer Rechtsordnung verhalten. Der entscheidende Punkt ist, wie man zu dieser Sache steht, ob man sie zulassen soll oder nicht. Diese Koalition wird sie nicht zulassen. Auch die Stadt Leipzig wird sie nicht zulassen. Wir werden dafür Klarheit schaffen, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Das ist vor allem dann ganz eindrücklich, wenn man sich mit den Beamten trifft, die unmittelbar davon betroffen waren. Roland Wöller und ich haben den Beamten getroffen, der in der Silvesternacht verletzt worden ist. Das ist ein junger Mann aus Leipzig-Connewitz mit einer Familie und kleinen Kindern, ein Mann, der klar zu dieser Verfassung und dem Recht steht und klar erklären kann, wie er für andere Menschen seine Gesundheit aufs Spiel setzt und seine Arbeit leistet. Diese Beamten haben unseren hundertprozentigen Respekt und unsere Unterstützung. Das ist unsere gemeinsame Meinung, meine sehr verehrten Damen und Herren.
Polizei, Feuerwehr, Rettungsdienst sind alle gleichermaßen für unsere Sicherheit da und haben unsere Wertschätzung. Noch in diesem Jahr wird es eine Novelle des Gesetzes für Brandschutz, Rettungsdienste und Katastrophenschutz geben. Wir wollen die rechtlichen Möglichkeiten neu fassen. Wir werden weiter in die technische Ausstattung investieren. Vor allen Dingen der ehrenamtliche Brandschutz ist eine ganz wichtige Angelegenheit, die auch in Zukunft unsere volle Unterstützung hat.
Ich freue mich, dass wir einen großen Zuspruch im Bereich Umweltschutz und Nachhaltigkeit haben. Dieses Prinzip kommt aus Sachsen. Das gemeinsame Verständnis, das wir für den Ausbau an erneuerbaren Energien haben, steht in diesem Koalitionsvertrag. Wir sind uns einig, dass dies nicht gegen, sondern mit der Bevölkerung passieren muss. Wir werben bei der Bundesregierung dafür, dass es neue Instrumente gibt, die es für die Kommunen und die Anwohner attraktiver machen, zum Beispiel Windanlagen in ihrer Nähe zu haben.
Wir werden in wenigen Wochen eine weitere Klimaschutzkonferenz haben. Ich freue mich darauf, mit Christian Piwarz und Wolfram Günther diese spannende Veranstaltung gemeinsam mit dem Landesschülerrat zu eröffnen. Beim letzten Mal waren es 600 junge Leute, die spannend diskutieren, die viele Ideen haben. Wir wollen diese Ideen aufgreifen, wollen sie gemeinsam umsetzen.
Klimaschutz, meine Damen und Herren, ist eine Aufgabe, die uns viele Jahre begleiten wird, die eine breite gesellschaftliche Basis braucht. Deshalb ist es wichtig, darüber zu sprechen und ein gemeinsames Verständnis dafür zu entwickeln, was in der Wissenschaft schon längst klar ist: Die wissenschaftliche Mehrheitsmeinung sieht diese Klimaentwicklung. Sie hält sie durch den Ausstoß von C0² für menschengemacht. Sie sieht mit Sorge, dass die Erderwärmung unser Leben auf der Welt beeinträchtigen wird. Deswegen gibt es in der Wissenschaft, aber auch zwischen den Staats- und Regierungschefs die klare Vereinbarung: Dieser Klimawandel muss angehalten werden. Es ist wichtig, dass nicht nur wir in den Parlamenten und in der Wissenschaft dieses Wissen haben, sondern dass es auch breit in der Gesellschaft verankert ist. Die damit verbundenen Veränderungen brauchen die Akzeptanz in der Bevölkerung. Gerade deswegen finden diese Veranstaltungen statt. Wir werden uns mit großer Freude in der Zukunft daran beteiligen.
Es ist eben so, meine Damen und Herren: Klimaschutz und Energiewende sind vor allem technische Fragen. Es braucht viel Know-how und viel Verständnis von den Zusammenhängen. Wenn man sich nur vorstellt, dass im Jahr 2017 für die damals noch weniger als heute verbreiteten Streamingdienste 58 % des gesamten Datenvolumens verbraucht worden sind und dass das 200 Milliarden Kilowattstunden an Stromverbrauch waren, dann entspricht das dem Jahresverbrauch aller Privathaushalte von Deutschland, Italien und Polen gemeinsam oder - anders gesagt - des gesamten in Deutschland produzierten Ökostromes. Daran sieht man, wie die technologische Entwicklung, die auf uns zukommt, konträr zu dem läuft, was im Zweifel für den Klimaschutz notwendig ist. Deswegen brauchen wir Investitionen in die Wissenschaft, so, wie wir sie hier in Sachsen haben, beispielsweise mit Prof. Fettweis für die energiesparende Mikroelektronik oder für die Kältetechnik in Reichenbach, für die Wasserstoffwirtschaft. Das ist die Voraussetzung dafür, dass uns dieses große Thema gelingt. Es muss uns gelingen, meine Damen und Herren.
Der Umweltminister hat schnell und entschlossen gehandelt. Wir haben ihm dabei geholfen. Es stehen 52 Millionen Euro für den Kampf gegen den Borkenkäfer zur Verfügung. Das ist eine dringend notwendige Angelegenheit. Wir wollen, dass unsere Naturlandschaft erhalten bleibt. Dafür müssen wir gegen diese sich gerade ausbreitende Epidemie massiv vorgehen. Wir geben 52 Millionen Euro für den Sachsenforst in Kooperation mit den Landkreisen und den privaten Waldbesitzern, um das grüne Gold des Freistaates Sachsen weiter zu mehren. Wir können das, meine Damen und Herren, wir können 52 Millionen Euro für diese besondere Aufgabe kurzfristig akquirieren, weil wir über Jahre eine solide Finanzpolitik gemacht haben, weil wir keine Schulden haben, weil wir uns diese Flexibilität erhalten haben. Es muss uns in Zukunft immer klar sein, dass wir genau diese Freiräume brauchen.
In diesem Zusammenhang will ich es gern noch einmal sagen: Die Koalition hat sich auf ein solides Finanztableau verständigt. 20 Milliarden Euro ist der Haushalt des Freistaates Sachsen groß. Wir haben berechnet und danach für uns gemeinsam festgelegt, eine Summe von 1,1 Milliarden Euro über die gesamte Legislaturperiode, also 220 Millionen Euro pro Jahr, zusätzlich in Zukunftsprojekte zu investieren. Das ist solide ausgerechnet. Das ist seriöse Finanzpolitik.
Hartmut Vorjohann wird sie in der Zukunft gestalten. Ich bin sehr froh, dass jemand, der über so viele Jahre auf der kommunalen Ebene Finanzpolitik betrieben hat und zum Schluss - das hat ihn mir besonders sympathisch gemacht - noch Bildungsbürgermeister gewesen ist, jetzt die Kassen des Freistaates zusammenhält. Viel Erfolg bei Ihrer Arbeit, Herr Vorjohann!
Meine Damen und Herren! Wir müssen neue Wege gehen, wenn es um die Beteiligung der Bevölkerung geht. Wir sprechen viel darüber, dass es einen Unterschied gibt zwischen dem, was wir hier im Sächsischen Landtag diskutieren, und dem, was bei den Menschen ankommt, und dass man manchmal verschiedene Sprachen spricht. Wir laden die Abgeordneten der anderen Fraktionen ein, mit uns über eine Verfassungsänderung zu sprechen sowie die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung im Freistaat Sachsen zu erhöhen und zwar bei Volksbegehren, bei Bürgerbegehren, aber auch beim sogenannten Volkseinwand. Wir sind offen dafür. Wir wissen, wir brauchen eine Zweidrittelmehrheit. Ich bin sehr interessiert an guten Ideen und einer spannenden Diskussion. Ich meine schon, dass dieses Land - nicht nur Sachsen, sondern Deutschland insgesamt - mehr direkte Demokratie braucht, um am Ende stärker zu werden und Entscheidungen, auch Veränderungen, besser abzusichern, als das bis jetzt in den Parlamenten der Fall ist.
Gute Bildung braucht Verlässlichkeit und Impulse. Wir haben mit der Entscheidung für die Verbeamtung vor zwei Jahren eine Weichenstellung vorgenommen. Die Erfolge sind sichtbar, sowohl bei den Referendaren als auch bei den Leuten, die wir einstellen. Diesen Weg wollen wir weiter gehen. Wir wollen in Zukunft noch stärker ausbilden. Es soll 300 zusätzliche Studienplätze geben.
Meine Damen und Herren! Wir setzen dabei nicht erst in der Grundschule, der Oberschule oder dem Gymnasium an. In Sachsen ist seit vielen Jahren klar, dass der Kindergarten eine Bildungseinrichtung ist. Das soll er auch in Zukunft sein. Wir wollen die Bildungsangebote in den Kinderkrippen und den Kindergärten stärken. Deswegen wird es in den nächsten Wochen noch einmal ganz intensiv um die Frage des Personals gehen. Da geht es um die Befreiung vom Schulgeld. Es geht um zusätzliche Assistenzkräfte. Das sind alles Dinge, die jetzt kurzfristig möglich sind, um dort die Qualität anzuheben.
Meine Damen und Herren! Wir sehen an dieser Stelle wie auch an anderen, dass es nicht mehr gelingt, eine ausreichend hohe Zahl zusätzlichen Personals einzustellen. Also müssen wir an der Attraktivität arbeiten. Das wollen wir auch.
Wir haben gemeinsam mit der Bundesregierung mit dem Digitalpakt in die Ausstattung der Schulen investiert. Es geht in der Folge darum, nun die Lehrinhalte umzustellen. Das sind Dinge, die jetzt auf uns zukommen.
Wir müssen aber eine Wahrheit aussprechen: Es kann nicht sein, dass all jene, die in Leipzig oder Dresden ihr Lehramtsstudium beginnen, am Ende damit rechnen, dass sie in Dresden oder Leipzig arbeiten werden. Die Frage, ob wir wirklich für den ländlichen Raum sind, ob wir für gleichwertige Lebensbedingungen in Stadt und Land sind, von der Lausitz bis ins Vogtland, von Ostelbien bis zum Erzgebirgskamm, entscheidet auch die Frage, ob wir gemeinsam durchsetzen, dass diejenigen, die ihr Lehramtsstudium in Sachsen absolvieren, hier ein Angebot bekommen, das aber genauso gut in Torgau wie in Bad Elster, aber auch in Leipzig oder Chemnitz sein kann. Ich stehe gemeinsam mit Christian Piwarz an der Seite unserer Bildungsagentur, die bei jeder Einstellungsrunde unendlich viele Gespräche führt und dabei immer wieder von den jungen Leuten hört, dass sie in Dresden oder Leipzig bleiben wollen. Nein, meine Damen und Herren, so wird die Sache nicht laufen. Wir brauchen ein gemeinsames Verständnis.
Die Zeitungen sind - auch heute wieder - voll von Geschichten über Stundenausfall und ähnlichen Dingen. Wirklich klären werden wir das nur, wenn wir deutlich machen, dass es auch im ländlichen Raum exzellente Bedingungen, Top-Schulen und exzellente Lebensbedingungen gibt. Deswegen wollen wir, dass junge Leute dorthin gehen. Wir müssen das durchsetzen, meine Damen und Herren.
Das wird uns nur gelingen, wenn die Mitarbeiter der Verwaltung ganz deutlich spüren, dass die Abgeordneten hinter ihnen stehen und nicht bei jedem erscheinenden Zeitungsartikel einknicken und die Kollegen beschimpfen, die diese Entscheidungen treffen. Das wünsche ich mir. Wir sind es den Leuten schuldig. Deswegen werden wir diesen Weg noch stringenter gehen.
Meine Damen und Herren! Wenn wir jetzt über den ländlichen Raum gesprochen haben, ist es klar, dass wir an der Seite der Städte und Gemeinden, der Bürgermeister, der Landräte, der Kommunalpolitiker stehen. Wir wollen diese Politik gemeinsam gestalten. Wir wissen, dass es nur gemeinsam geht und wir einander zuhören müssen. Vertrauen und sich gegenseitig zutrauen bedeutet, die Spielräume auf kommunaler Ebene zu erweitern. Das wird jetzt mit dem FAG passieren. Das wird über viele andere Entscheidungen in der Zukunft passieren. Wir sind an der Seite unserer Kommunalvertreter. Sie leisten eine hervorragende Arbeit.
Wenn ich höre, dass Kommunalpolitiker wegen ihrer Arbeit angegriffen werden, von Rechtsextremen oder wem auch immer, dann sage ich, dass diese Politiker unter unserem besonderen Schutz stehen. Sie leisten einen wichtigen Beitrag für die Demokratie. Herzlichen Dank all jenen, die als Kommunalpolitiker in diesem Land tätig sind.
Eine besonders spannende Aufgabe hat unsere neue Sozialministerin Petra Köpping, die im Bereich der Medizin und des gesellschaftlichen Zusammenhalts engagiert ist. Hier sind wir dabei, uns auf den Weg zur Abschaffung des Schulgelds für Gesundheitsberufe zu machen. Wir brauchen neue Formen der medizinischen Versorgung am Schnittpunkt zwischen stationärer und ambulanter Versorgung. Wir wollen, dass neue Technologien Einzug halten und damit die medizinische Versorgung besser gemacht wird. Wir konnten beide jetzt in Hoyerswerda ein Netzwerk zum Thema Parkinson mit in Gang setzen. Es ist beeindruckend zu sehen, was alles möglich ist. Es ist dringend notwendig, dass es diese Vernetzung der regionalen Ärzte, der Hausärzte, die das Vertrauen der Patienten in besonderer Weise genießen, mit den Zentren der Spitzenforschung und Spitzenmedizin gibt. Wir haben diese Zentren. Machen wir etwas daraus. Nutzen wir das. Schaffen wir diese Verbindung.
Natürlich gehören vernünftige Breitbandanschlüsse dazu. Das ist überhaupt keine Frage. Wir haben in der vergangenen Legislaturperiode gemeinsam 700 Millionen Euro zusätzlich für den Breitbandausbau auf den Weg gebracht. Das ist die größte Einzelinvestition, die wir vorgenommen haben. Die ist eins zu eins an den ländlichen Raum gegangen. Wenn es noch ein Bekenntnis gebraucht hätte, dann ist es das. Wir werden diesen Weg weitergehen. Überall schnelles Internet in jedes Dorf ist doch eine Selbstverständlichkeit, meine Damen und Herren.
Ich will noch einmal sagen, dass ich mich freue, dass wir die Medizinerausbildung in Chemnitz auf den Weg gebracht haben. Für Chemnitz ist das eine super Nachricht, für uns auch. Wir bleiben nicht einfach stehen und fragen nach anderen, sondern suchen eigene Lösungen in Sachsen.
Es gibt ein Wort, das ich in der Vergangenheit nicht im alltäglichen Sprachgebrauch verwendet habe. Ich glaube, die wenigsten Sachsen tun es, aber es ist in den Koalitionsverhandlungen häufig gefallen: Selbstwirksamkeitserfahrung - ein schönes Wort aus der Sozialwissenschaft. Es beschreibt auf eine gute Weise, was wir hier gemeinsam in den nächsten fünf Jahren tun wollen. Diejenigen, die sich für dieses Land engagieren wollen, die etwas bewegen wollen - in welchem Bereich auch immer: in der Kultur, in der Wissenschaft, im Sport, in der Heimatpflege, ganz egal - sollen die Möglichkeit haben, die Dinge auch selbst hinzubekommen, ihr eigenes Lebensumfeld zu gestalten und Mehrheiten dafür zu bekommen. Dafür ist diese Koalition angetreten und deshalb gefällt mir dieses Wort auch so gut, meine Damen und Herren.
Dazu gehört in ganz besonderer Weise natürlich auch unsere sächsische Kulturpolitik. Für die nächsten Jahre wird es heißen, einerseits diese reiche, identitätsstiftende Kulturlandschaft zu erhalten, aber noch mehr dafür zu sorgen, dass jeder in Deutschland versteht, dass es hierbei um ein europäisches Erbe geht. Dies verlangt Verantwortung, aber auch den Mut, neue Wege zu gehen. Kultur muss auf die Zeichen der Zeit reagieren - in der Vermittlung, im Umgang mit den Möglichkeiten der digitalen Welt und in der Ansprache des Publikums. Gerade die kulturelle Bildung braucht besondere Aufmerksamkeit. Gleichzeitig brauchen wir das Neue, das Wagnis, das Experiment in den Künsten und wollen dieses auch ermöglichen.
Sachsen ist immer auch ein Land der Avantgarde gewesen - von der Gestalterin Marianne Brandt in Chemnitz bis zum sorbischen Lyriker Kito Lorenc, vom Festspielhaus Hellerau bis zum Haus Schminke - vielleicht, weil es abseits der großen Städte besondere Freiräume gab. Das wollen und das werden wir auch in Zukunft so machen.
Lassen Sie mich zu der Frage der Staatlichen Kunstsammlungen sagen: Wir sind alle miteinander tief von diesem Diebstahl betroffen, aber auch von der Diskussion darüber, und ich sage Ihnen deutlich: Sowohl Herr Prof. Syndram als auch Frau Prof. Ackermann haben mein volles Vertrauen. Prof. Syndram ist in den 1990er Jahren hierhergekommen. Er hat quasi fast ausschließlich sein berufliches Leben hier in Sachsen geleistet. Er hat diesen sächsischen Staatsschatz zu seinem Thema gemacht. Er hat das Grüne Gewölbe aufgebaut und dafür gesorgt, dass dieser sächsische Staatsschatz jetzt so glänzt und so präsentiert wird. Er hat unsere Unterstützung verdient, und es ist niederträchtig, wie jetzt über diesen Mann gesprochen wird, meine Damen und Herren.
In Deutschland ist Großes, gerade in der Kultur, oft im Kleinen entstanden, und dies ist für uns eine Selbstverständlichkeit. Aber weil es häufiger wieder infrage gestellt wurde, muss man es vielleicht auch noch einmal sagen: Ein Land ohne Kunstfreiheit ist keine Demokratie und wir sind hier eine Demokratie.
Deshalb wollen und werden wir die Kunstfreiheit schützen und verteidigen, und wir freuen uns über die spannenden Ideen, die aus diesem Bereich kommen. Ich wünsche mir und dem Freistaat Sachsen eine Zukunft, die mit Respekt und Anstand miteinander umgeht; und ich wünsche mir, dass wir in jedem Bereich dafür sorgen, dass es ohne Gewalt geht - physische Gewalt, aber auch Gewalt in der Sprache.
Meine Damen und Herren! Was wir in den vergangenen Jahren zum Teil erlebt haben, ist nicht das, was dieses Land, ein Land der anständigen Menschen, ausmacht, deshalb müssen wir an jeder Stelle widersprechen, an der Grenzen überschritten werden. Wir haben dieses Land vor 30 Jahren gemeinsam aufgebaut mit viel Unterstützung auch von Menschen von außen. Ich wünsche mir, dass wir 30 Jahre Friedliche Revolution, 30 Jahre Freistaat Sachsen jetzt auch zu einer Gelegenheit machen, nach vorn zu schauen und den Menschen, die mitgeholfen haben, noch einmal Danke zu sagen. Wir haben alle Möglichkeiten, die Zukunft zu gestalten, wenn wir dies anständig tun und zupacken. Das ist der Wunsch dieser Koalition und die Einladung an alle, mitzutun.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
- Audiodatei der Regierungserklärung vom 29. Januar 2020 (Download ca. 40 MB) Die Regierungserklärung des Ministerpräsidenten als Download
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