981. Bundesratssitzung zum TOP 34 - Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen
Der Deutsche Bundesrat hat in seiner 981. Sitzung am 11.10.2019 zum Entwurf der Bunderegierung für ein Strukturstärkungsgesetz für Kohleregionen Stellung genommen. Mit dem Gesetzentwurf wird ein Rechtsrahmen für die strukturpolitische Unterstützung der von dem Kohleausstieg betroffenen Regionen geschaffen. Für den Freistaat Sachsen ist es als Hauptbetroffenen von erheblicher Bedeutung, dass mit dem Gesetz mehr Planungs- und Rechtssicherheit für die Strukturentwicklung in der Lausitz und im Mitteldeutschen Revier verankert wird.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Beitrag der Bundesrepublik Deutschland zum Klimaschutz besteht zu einem großen Anteil darin, auf die Verstromung von Stein- und Braunkohle zu verzichten.
Diese politische Entscheidung ist in einem beeindru-ckenden Verfahren umgesetzt und begleitet worden. Der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ wurde die schwierige Aufgabe übertragen, einen Fahrplan zu erarbeiten, wie dieses wichtige Projekt gelingen könnte.
Der Versuch, Ökonomie und Ökologie hier zu befrieden, diese Streitfrage zu klären, ist in einem langen, intensiven Prozess erfolgt. Ich will sagen, dass ich dem ganzen Unterfangen am Anfang sehr skeptisch gegenübergestanden habe, mich aber jetzt verpflichtet fühle, am Erfolg dieses Ergebnisses und dieses Prozesses mitzuarbeiten.
Die Empfehlungen der Kommission gehen aus meiner Sicht auch für den Freistaat Sachsen an die Grenze dessen, was machbar und leistbar ist, aber sie verletzen diese Grenze nicht. Es liegt jetzt an uns gemeinsam – Bundesregierung und Ländern –, dass dieses gewaltige technologische Projekt gelingt.
Zu Recht verweist die Kommission darauf, dass die Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land und für die Unternehmen überschaubar bleiben müssen. Deutschland muss wettbewerbsfähig bleiben. Die Frage der Energieversorgung, die Frage, was Strom und Energie in unserem Land kosten, hat dabei ganz große Bedeutung. Aus diesem Grund ist es richtig, dass die Kommission auch die Entlastung der Unternehmen fordert und dass sie drei Referenzdaten – die Jahre 2023, 2026 und 2029 – vorschlägt, an denen überprüft werden muss, ob sich die Annahmen, die hier getroffen worden sind, am Ende bewahrheiten.
Denn, meine Damen und Herren, das, was hier passiert, ist eine Operation am offenen Herzen. Die Energieversorgung ist die Achillesferse jeder Volkswirtschaft.
Für uns geht es heute aber im Wesentlichen darum, wie den Regionen, die von der Kohleverstromung bisher auch wirtschaftlich gelebt haben, in Zukunft eine andere Wirtschaftsstruktur möglich gemacht werden kann.
Für die Lausitz kann man das anhand weniger Zahlen sagen: Bisher beträgt die Wertschöpfung aus der Energiewirtschaft 1 Milliarde Euro im sächsischen und im brandenburgischen Teil der Lausitz. Das bedeutet, dass diese 1 Milliarde Euro und die vielen Tausend Beschäftigten, die damit verbunden sind, in den kommenden Jahren durch andere Unternehmen, durch andere Wirtschaftszweige ersetzt werden sollen. Das zeigt, dass vor uns eine gewaltige Aufgabe liegt.
Die 40 Milliarden Euro, die die Kommission vorgesehen und die Bundesregierung zugesagt hat, sind ein gewaltiger finanzieller Beitrag, der alle Beteiligten in die Verantwortung nimmt, dafür zu sorgen, dass dieses Geld zweckentsprechend wirkungsvoll eingesetzt wird. Wir sind es den Menschen in diesen Regionen schuldig, dass dieser Prozess zu einem Erfolg wird.
Mein Rat – auch an die Bundesregierung – ist, sehr genau auf diejenigen zu hören, die diesen Prozess am Ende umsetzen und gestalten müssen: Das sind die Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, das sind die Landräte, das sind die Bundesländer, meine Damen und Herren.
Dieses Vorhaben, das vor uns liegt, ist so einzigartig und so besonders, dass man es nicht entlang der bisherigen Förderrichtlinien und Mechanismen nach dem Schema F abarbeiten kann, sondern hier braucht es einen besonderen Ansatz. Ich finde, dass sich ein Teil davon in dem Gesetz, über das wir heute debattieren, wiederfindet. Aber ich sage deutlich: An diesem Gesetz muss weiter gearbeitet werden. So, wie es derzeit vorliegt, kann es nicht bleiben, um diese Aufgabe wirklich erfolgreich zu absolvieren.
Zu den Aufgaben, die vor uns liegen, gehört auf der einen Seite der Ausbau der Infrastruktur. Gerade in der Lausitz, aber auch im mitteldeutschen Revier sind die Regionen zu schlecht angeschlossen an das Eisenbahn-netz, an das Straßennetz. Kein Unternehmen wird sich für diese Regionen entscheiden und dort investieren, wenn nicht am Ende auch hier eine deutliche Verbesserung realisiert werden kann, und das in einer kurzen Zeit, meine Damen und Herren.
Das Zweite ist Forschung, Innovation und Bildung. Auch dazu finden sich in diesem Gesetz konkrete Vorschläge.
Dann geht es um das Versprechen einer sozialen Absicherung, das den Beschäftigten gegeben worden ist. Ich denke, auch hier sind alle politisch Verantwortlichen in der Pflicht.
Ich wünsche mir eine intensive Debatte und ein Aufeinander-Zugehen, damit am Ende mehrere Dinge gelingen:
Der große Betrag, den Deutschland für diese Aufgabe bereitstellt, muss vernünftig, zweckentsprechend und wirkungsvoll eingesetzt werden.
Die Menschen, die bisher von der Energiewirtschaft gelebt haben, die Regionen, die davon abhängig gewesen sind, müssen eine neue Zukunft haben.
Das muss uns miteinander gelingen. – Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
- Die Rede von Ministerpräsident Michael Kretschmer im Video zum Video auf der Website des Bundesrates
- Inhalte der 981. Bundesratssitzung vom 11. Oktober 2019 Zur Website der Vertretung des Freistaates Sachsen beim Bund